Kein Vorsteuerabzug bei Strafverteidigungskosten (EuGH)

Der EuGH entschied in der Rechtssache, in der es um die Auslegung von Art. 17 und Art. 22 der Sechsten Richtlinie zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (77/388/EWG) in der durch die Richtlinie 2001/115/EG geänderten Fassung geht.

Das Verfahren basiert auf einem Rechtsstreit zwischen dem Finanzamt Köln-Nord und dem Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung deutschen Rechts. Gegen den Geschäftsführer und Gesellschafter der GmbH wurde ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Bestechung zur Erlangung eines Bauauftrages eröffnet. Das Verfahren wurde später gegen Zahlung von Geldbeträgen eingestellt. Als Organträger der Gesellschaft machte der Geschäftsführer den Vorsteuervorabzug für die Anwaltsdienstleistungen geltend. Das Finanzamt Köln-Nord lehnte dies ab und stellte einen Änderungsbescheid aus. Den Einspruch des Klägers lehnte das Finanzamt ebenfalls ab, woraufhin er Klage beim Finanzgericht Köln einreichte, das ihr stattgab. Der Bundesfinanzhof, der mit der Revision des Verfahrens befasst ist, führt in seinen Überlegungen aus, dass die Strafverfolgungsmaßnahmen nur gegen die Beschuldigten persönlich und nicht gegen die GmbH gerichtet waren. Somit können die Anwaltsdienstleistungen nicht als für die Zwecke der gesamten steuerpflichtigen Tätigkeit der GmbH betrachtet werden. Andererseits bestehe aber ein Zusammenhang zwischen den Kosten der Anwaltsdienstleistungen und der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit der GmbH, denn die Anwaltsdienstleistung wäre nicht erbracht worden, wenn die GmbH keine zu einem Umsatz führende und somit steuerpflichtige Tätigkeit ausgeübt hätte. In diesem Fall läge ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen vor und er sei zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Der EuGH sollte u. a. klären, ob der Begriff "für Zwecke seiner besteuerten Umsätze" gemäß Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie

  • nach dem objektiven Inhalt der vom Steuerpflichtigen bezogenen Leistung (hier: Tätigkeit eines Strafverteidigers) oder
  • nach dem Entstehungsgrund der bezogenen Leistung (hier: wirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen, bei der angeblich eine Straftat durch eine natürliche Person begangen wurde) auszulegen ist.

Der EuGH entschied wie folgt:

Für die Feststellung, ob Gegenstände und Dienstleistungen von einem Steuerpflichtigen im Sinne von Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG [...] in der durch die Richtlinie 2001/115/EG [...] geänderten Fassung "für Zwecke seiner besteuerten Umsätze" verwendet wurden, bestimmt sich das Vorliegen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem konkreten Umsatz und der gesamten Tätigkeit des Steuerpflichtigen nach dem objektiven Inhalt der von ihm bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen.

Im vorliegenden Fall eröffnen die Anwaltsdienstleistungen, deren Zweck darin besteht, strafrechtliche Sanktionen gegen natürliche Personen, die Geschäftsführer eines steuerpflichtigen Unternehmens sind, zu vermeiden, diesem Unternehmen keinen Anspruch auf Abzug der für die erbrachten Leistungen geschuldeten Mehrwertsteuer als Vorsteuer.

 

Quelle

EuGH, Urteil vom 21.02.2013, C-104/12

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