Mindestlohn steigt wieder: Das müssen Unternehmer wissen (DATEV)

2020 steigt der gesetzliche Mindestlohn auf 9,35 Euro. Beim Berechnen des Stundensatzes gelten besondere Regeln, etwa für Prämien, Boni und Weihnachtsgeld. Daher sollte stets ein Steuerberater prüfen, ob der Unternehmer wirklich genug bezahlt.

Jetzt beginnt wieder das Rechnen: Der gesetzliche Mindestlohn liegt ab 01.01.2020 bei 9,35 Euro pro Stunde. Mitte 2018 war die Bundesregierung mit ihrer Anpassungsverordnung einer Empfehlung der Mindestlohn-Kommission gefolgt: Die gesetzliche Lohnuntergrenze stieg 2019 auf die derzeit gültigen 9,19 Euro. Und jetzt, zwölf Monate später, auf 9,35 Euro pro Stunde. Eigentlich wollte die Politik den Mindestlohn nur alle zwei Jahre erhöhen, aber die Experten befürworteten wegen der allgemeinen Lohnentwicklung eine schnellere Anhebung. Firmenchefs müssen nun für viele Verträge mit spitzem Stift kalkulieren, ob vereinbarte Arbeitsstunden und fixiertes Gehalt noch zusammenpassen. Weil die Lohnuntergrenze rein rechnerisch nicht unterschritten werden darf, ist gegebenenfalls der Stundensatz auf 9,35 Euro anzuheben. Oder die Stundenzahl so zu reduzieren und die Einsatzplanung so anzupassen, dass das Festgehalt geteilt durch die Arbeitsstunden einen Wert oberhalb von 9,35 Euro ergibt. Dies gilt natürlich nicht, falls jemand aufgrund individueller Vereinbarungen, Tarifverträge und Branchen-Mindestlöhne sowieso deutlich mehr verdient.

Mindestlohn mit dem Steuerberater besprechen

Die Anpassung sollte allerdings niemand ohne Hilfe des Steuerberaters versuchen. Wer den Mindestlohn in einem konkreten Fall ermitteln will, kann nämlich rasch in eine der zahlreichen Fallen tappen. Zu klären wäre etwa, welche Sonderleistung mit welchem Zahlungszeitraum in die Berechnung einfließen darf und welche nicht. Außerdem ist das Thema gerade bei festen Monatsgehältern tückisch. Hier ist auch der Aspekt des sogenannten verstetigten Monatsgehalts ohne Überstunden zu beachten. So soll die von Monat zu Monat schwankende Zahl an Arbeitstagen ausgeglichen werden. Mancher Mindestlohn-Rechner im Internet schafft eher Verwirrung, obwohl beispielsweise der des Bundesarbeitsministers schon ausgefeilter ist als lieblose Billigvarianten. Trotzdem reicht es selbst hier nicht, 40 Wochenstunden mit 9,35 Euro zu multiplizieren und 1.621 Euro Monatsgehalt zu errechnen. Unternehmer sollten jeden Arbeitsvertrag individuell mit dem Steuerberater durchgehen und bei der Frage nach dem Mindestlohn alle Aspekte berücksichtigen: Was ist beispielsweise mit Blick auf Arbeitszeitkonten, Zahlungszeiträume und Dokumentationspflichten wichtig?

Unternehmer sollten die Spielregeln kennen

Abseits steuerlicher und juristischer Details sollte jeder Firmenchef die Grundlagen des gesetzlichen Mindestlohns kennen. Das Mindestlohngesetz (MiLoG) gibt sie vor, diverse Gerichtsurteile entwickeln sie laufend weiter. Wer für das Thema sensibilisiert ist, tut sich nicht nur leichter mit dem Einhalten von Vorgaben. Er kann im Gespräch mit dem Steuerberater auch besser eventuelle Risiken herausarbeiten. So lässt sich gemeinsam ein vertraglicher sowie organisatorischer Rahmen schaffen, der hilft, Ärger zu verhindern.

Das Mindestlohngesetz (MiLoG)

In vielen europäischen Ländern existiert ein gesetzlicher Mindestlohn, teilweise schon seit Jahrzehnten. Selbst in vermeintlich extrem wirtschaftsliberalen Staaten wie den USA ist das Konzept bekannt und im Einsatz. In der EU dürfte das Thema bald für weitere Diskussionen sorgen: Die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat angekündigt, den Mitgliedsstaaten künftig Vorgaben zum Mindestlohn zu machen zu. Italien, Österreich, Dänemark, Schweden und Finnland haben gar keinen nationalen Mindestlohn, in anderen Ländern ist er niedrig. Im deutschen Arbeitsrecht gibt es grundsätzlich sechs Arten von Mindestlöhnen, nämlich

  • den allgemeinen – gesetzlichen – Mindestlohn auf der Grundlage des Mindestlohngesetzes (MiLoG),
  • Branchenmindestlöhne durch allgemeinverbindliche Tarifverträge auf der Grundlage des Tarifvertragsgesetzes,
  • Branchenmindestlöhne durch allgemeinverbindliche Tarifverträge auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes,
  • den Mindestlohn für die Pflegebranche durch Rechtsverordnung auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes,
  • Lohnuntergrenzen für Leiharbeitnehmer auf der Grundlage des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und
  • Vergabemindestlöhne nach den Vergabegesetzen der Länder.

Das Mindestlohngesetz (MiLoG)

In vielen europäischen Ländern existiert ein gesetzlicher Mindestlohn, teilweise schon seit Jahrzehnten. Selbst in vermeintlich extrem wirtschaftsliberalen Staaten wie den USA ist das Konzept bekannt und im Einsatz. In der EU dürfte das Thema bald für weitere Diskussionen sorgen: Die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat angekündigt, den Mitgliedsstaaten künftig Vorgaben zum Mindestlohn zu machen zu. Italien, Österreich, Dänemark, Schweden und Finnland haben gar keinen nationalen Mindestlohn, in anderen Ländern ist er niedrig. Im deutschen Arbeitsrecht gibt es grundsätzlich sechs Arten von Mindestlöhnen, nämlich

  • den allgemeinen – gesetzlichen – Mindestlohn auf der Grundlage des Mindestlohngesetzes (MiLoG),
  • Branchenmindestlöhne durch allgemeinverbindliche Tarifverträge auf der Grundlage des Tarifvertragsgesetzes,
  • Branchenmindestlöhne durch allgemeinverbindliche Tarifverträge auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes,
  • den Mindestlohn für die Pflegebranche durch Rechtsverordnung auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes,
  • Lohnuntergrenzen für Leiharbeitnehmer auf der Grundlage des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und
  • Vergabemindestlöhne nach den Vergabegesetzen der Länder.

Gesetzlicher Mindestlohn steigt 2020 auf 9,35 Euro

Die Einführung einer bundesweit über alle Branchen geltenden Lohnuntergrenze, die nach einer Übergangsphase auch Branchentarife aussticht, war heiß umstritten. Dieser gesetzliche Mindestlohn, so Kritiker, dürfte Arbeitsplätze vernichten, Betrieben die Wettbewerbsfähigkeit rauben, sich zum Bürokratiemonster entwickeln. Schließlich sei die Einhaltung der Vorgaben aufwändig zu dokumentieren. Trotzdem trat am 1. Januar 2015 das Mindestlohngesetz in Kraft, als gesetzlicher Mindestlohn wurden 8,50 Euro pro Stunde festgelegt. Am 01.01.2017 stieg der Satz auf 8,84 Euro, am 01.01.2019 auf die derzeit geltenden 9,19 Euro. Ab 01.01.2020 beträgt der Mindestlohn 9,35 Euro. Im Sommer 2020 prüft die Mindestlohnkommission, ob 2021 eine weitere Erhöhung folgt. Auftragnehmer der öffentlichen Hand müssen sich zudem darüber informieren, ob bestimmte Lohnuntergrenzen einzuhalten sind. Armin Willingmann beispielsweise will mit Bau- oder Dienstleistungen nur Betriebe beauftragen, die einen landesweiten Mindestlohn zahlen. Dafür will der Landeswirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt das Vergabegesetz reformieren und zunächst 10,91 Euro pro Stunde festschreiben.

Die Mindestlohnkommission

Zur Mindestlohnkommission gehören neun Experten: Ein Vorsitzender, zwei beratende Mitglieder ohne Stimmrecht sowie sechs stimmberechtigte Mitglieder – drei Gewerkschafts- und Arbeitgebervertreter. Sie sind für fünf Jahre berufen und erarbeiten alle zwei Jahre einen Vorschlag zur Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns. 2018 empfahlen sie erstmals, den Mindestlohn innerhalb von 24 Monaten zweimal anzuheben – zum Januar 2019 und zum Januar 2020. Ihre Berechnung basiert auf dem Tarifindex des Statistischen Bundesamts. 2018 berücksichtigten sie rund 700 Tarifverträge. Daraus ergab sich zum Jahresbeginn 2018 eine durchschnittliche Steigerung der Tariflöhne in den vorangegangenen zwei Jahren um 4,8 Prozent. Die Mindestlohnkommission spricht eine Anpassungsempfehlung aus. Die Bundesregierung erlässt dann eine Verordnung zur Erhöhung. Sie könnte dies ganz unterlassen, nicht aber selbst den Stundensatz bestimmen. Viele Politiker fordern einen deutlich höheren gesetzlichen Mindestlohn etwa von 12,50 Euro pro Stunde. Diese Forderung wäre allerdings innerhalb der bestehenden Struktur einer unabhängigen Mindestlohnkommission rechtlich gar nicht erfüllbar.

Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn

Als der gesetzliche Mindestlohn am 01.01.2015 startete, gab es viele Ausnahmen. Das sollte bestimmte Wirtschaftsbereiche vor hohen Kostensteigerungen bewahren, etwa Zeitungen mit ihren Austrägern. Außerdem galten abweichende Mindestlohnvereinbarungen, die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände für verschiedene Branchen ausgehandelt hatten. Doch schon ab 2017 hatte in den meisten Fällen das Bundesrecht Vorrang vor dem entsprechenden Tarifentgeltvertrag. Zum 1. Januar 2018 sind alle branchenspezifischen Übergangsregelungen ausgelaufen. Seitdem gilt der gesetzliche Mindestlohn vollumfänglich als Lohnuntergrenze für alle Wirtschaftsbereiche. Jeder Unternehmer muss zudem prüfen, ob er aufgrund tariflicher Vereinbarungen einen höheren branchenspezifischen Mindestlohn schuldet. Laufend treffen Tarifpartner in einzelnen Wirtschaftsbereichen neue Vereinbarungen. Wichtig: Folgende Ausnahmen gelten für den gesetzlichen Mindestlohn, nicht den Branchen-Mindestlohn. So sind etwa Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten ihrer Beschäftigung nach Beendigung der Arbeitslosigkeit vom gesetzlichen Mindestlohn ausgenommen. Gilt aber ein von den Tarifpartnern ausgehandelter Branchen-Mindestlohn, haben auch sie darauf einen Anspruch.

Hier ist kein gesetzlicher Mindestlohn fällig

Ausnahmen gibt es nur noch für bestimmte Tätigkeiten und ausgewählte Personenkreise. Der Mindestlohn gilt nicht für:

  • ehrenamtlich Tätige,
  • Heimarbeiter nach dem Heimarbeitsgesetz,
  • Personen, die einen freiwilligen Dienst ableisten,
  • Menschen mit Behinderungen in einem „arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis“,
  • Langzeitarbeitslose während der ersten sechs Monate ihrer Beschäftigung nach Beendigung der Arbeitslosigkeit,
  • Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung,
  • Jugendliche, die an einer Einstiegsqualifizierung als Vorbereitung zur Berufsausbildung oder anderen Berufsbildungsvorbereitung laut Berufsbildungsgesetz teilnehmen,
  • Praktikanten, wenn das Praktikum verpflichtend im Rahmen einer schulischen Ausbildung stattfindet,
  • Praktikanten, wenn das Praktikum freiwillig bis zu einer Dauer von drei Monaten zur Orientierung für Berufsausbildung oder Studium dient,
  • Auszubildende im Rahmen der Berufsausbildung. Für sie hat der Bundestag ab 2020 einen eigenen Mindestlohn von 515 Euro pro Monat beschlossen. Bis 2023 soll die Vergütung auf 620 Euro steigen. Ausnahmen sollen möglich sein, wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften für einzelne Branchen eigene Vereinbarungen treffen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert mindestens 635 Euro im ersten bis 796 Euro im vierten Lehrjahr. In manchen Branchen und Regionen wäre das eine glatte Verdoppelung der aktuellen Ausbildungsvergütung.

Ein Firmenchef muss also gut prüfen, für welche seiner Beschäftigten mögliche Ausnahmen vom Mindestlohn greifen. Und er muss sich eventuell eine neue Praktikanten-Strategie überlegen. Einen Berufseinsteiger oder Studenten erstmal ein halbes Jahr lang für lau ausprobieren, geht nicht mehr. Wichtig: Wer Werkstudenten beschäftigt, muss den Mindestlohn zahlen, weil bei ihnen die Arbeitsleistung im Vordergrund steht. Auch das sozialversicherungsrechtliche Werkstudentenprivileg ändert daran nichts.

Fallstricke beim gesetzlichen Mindestlohn

Jede Erhöhung beim Mindestlohn macht Unternehmern viel Arbeit. Zwar muss nicht jeder seine Preise völlig neu kalkulieren und möglicherweise deutlich steigern, weil mit dem künftigen Mindestlohn automatisch die Personalkosten nach oben gehen. Das gilt eher für Branchen, in denen das Personal den Großteil der Kosten ausmacht und zudem niedrige Stundensätze gezahlt werden. Exakt nachrechnen, ob die Mitarbeiter auch nach der Erhöhung den gesetzlichen Mindestlohn erhalten, sollte aber jeder Firmenchef. In vielen Betrieben dürften kleine Lohnerhöhungen oder kürzere Einsatzzeiten erforderlich sein, um bei jedem Beschäftigten über der neuen Lohnuntergrenze zu bleiben. Hier ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Steuerberater gefragt, damit letztlich bei allen Mitarbeitern das richtige Verhältnis von Stunden zu Gehalt entsteht.

Mindestlohn ist nicht immer leicht zu berechnen

Ganz wichtig ist das bei Minijobbern. Gilt die Verdienstobergrenze von 450 Euro im Monat, lassen sie sich bereits jetzt nur gut elf Stunden pro Woche einsetzen: 9,19 Euro mal elf Wochenstunden ergibt gut 101 Euro. Mal dem Faktor 4,33 – 52 Wochen verteilt auf zwölf Monate – sind fast 438 Euro. Mit künftig 9,35 Euro wären nach dieser Rechnung bei elf Wochenstunden knapp 446 Euro fällig – gerade noch ein Minijob. Auch bei Festangestellten in Voll- oder Teilzeit ohne hohes Gehalt ist exakt nachzurechnen, ob sie ab Januar den gesetzlichen Mindestlohn erhalten. Das gilt insbesondere für Betriebe ohne Tarifbindung und/oder Betriebsrat, wo kein Dritter automatisch das Einhalten der Regeln prüft. Mindestlohn-Rechner im Internet sehen das sogenannte verstetigte Monatsbrutto beim künftigen Mindestlohn für eine 40-Stunden-Woche bei 1.621 Euro. Berechnungsgrundlage sind die von der Rentenversicherung akzeptierten 173,33 Stunden pro Monat. Auch hier sollte aber der Steuerberater rechnen: Bei Streitigkeiten zählt jede Stelle hinter dem Komma.

Manche Prämien zählen bei Mindestlohn-Ermittlung

Im Gespräch mit dem Steuerberater sollte sich der Firmenchef auch gleich auf den neuesten Stand bringen lassen, wie die Einhaltung des Mindestlohns berechnet wird. Diverse Gerichtsurteile haben seit 2015 viele Fragen geklärt, die sich nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ergeben hatten. Bestimmte Prämien etwa sind mindestlohnwirksam, dürfen also einbezogen werden, um die Höhe des Stundenlohns zu ermitteln. Das gilt für die „Immer-da-Prämie“ eines Unternehmers, der damit honoriert, dass ein Mitarbeiter sich seltener krankmeldet. Oder eine Sonderzahlung, die fällig wird, wenn der Beschäftigte den Arbeitsplatz sehr sauber hält. Firmenchefs könnten mit dem Steuerberater überlegen, welche Prämien gleichzeitig Anreize für Arbeitnehmer schaffen und durch ihre Zahlung helfen, den Mindestlohnanspruch zu erfüllen. Das kann laut Bundesarbeitsgericht auch eine Treueprämie sein. Weihnachts- oder Urlaubsgeld darf ebenfalls in den Mindestlohn einfließen. Zumindest dann, wenn die Sonderzahlung als Entgelt für tatsächliche Arbeitsleistung vorbehaltlos und unwiderruflich gezahlt wird, quasi wie ein 13. Gehalt.

Zuschläge und Zulagen zählen nicht immer mit

Allerdings ist stets der Einzelfall zu betrachten. Zur Frage, ob Weihnachts- oder Urlaubsgeld beim Berechnen des Mindestlohns zählen, gibt es durchaus unterschiedliche Meinungen. Dafür könnte unter anderem sprechen, dass die Leistung jeweils zu einem Zwölftel monatlich mit dem regulären Lohn überwiesen wird. Daher ist die genaue Ausgestaltung des Arbeitsvertrags mit dem Anwalt zu besprechen. Auch andere Definitionsfragen sollten mit ihm geklärt werden. Nach Ansicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) sind etwa Zuschläge und Zulagen nicht beim Mindestlohn anrechenbar, falls nicht die Normalleistung, sondern „ein Mehr“ an Arbeit, „höherwertige“ Arbeit, Arbeit zu besonderen Zeiten, besonders unangenehme, beschwerliche, körperlich oder psychisch sehr belastende oder gefährliche Arbeiten abgegolten werden sollen. Das trifft unter anderem zu auf quantitative oder qualitative Mehrarbeit pro Zeiteinheit (Überstundenzuschläge, Akkordprämien, Qualitätsprämien),

  • Zulagen/Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit, Nachtzuschläge, Schichtzulagen und
  • Schmutzzulagen, Gefahrenzulagen.

Diese Aussage gilt es mit dem Anwalt zu prüfen und vertragliche Vereinbarungen beziehungsweise Formulierungen darauf abzustimmen.

Auch bei Bereitschaftsdienst an Mindestlohn denken

Gleichzeitig müssen Firmenchefs daran denken, dass der gesetzliche Mindestlohn eine Untergrenze definiert, die grundsächlich einzuhalten ist auch in Sondersituationen. So sagt das Bundesarbeitsgericht etwa, dass sich die Höhe der Entgeltfortzahlung an Feiertagen falls kein höherer tariflicher oder vertraglicher Vergütungsanspruch gilt nach dem Mindestlohngesetz richtet. Sieht ein Tarifvertrag einen Nachtarbeits­zuschlag vor, der auf den tatsächlichen Stundenverdienst zu zahlen ist, ist auch er mindestens aus dem gesetzlichen Mindestlohn zu berechnen. Ebenfalls wichtig: Wer Beschäftigte durch leistungsorientierte Entlohnung gemäß einer Akkordstaffel bezahlt, muss mit Steuerberater oder Anwalt klären, welche Ausgangswerte er zugrunde legt. Gibt es hier Unklarheiten oder sind durchschnittliche Anforderungen unrealistisch hoch angesetzt, kann das ein Verstoß gegen das Mindestlohngesetz sein. Akkordsätze sind also eventuell ebenfalls zum 1. Januar 2020 anzupassen. Zudem ist die Entlohnung von Bereitschaftsdiensten zu überdenken, wie sich als Konsequenz aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts ergibt.

Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten

Wichtig ist aber nicht nur, den Mindestlohn zu zahlen, sondern dies auch rechtssicher zu dokumentieren. Zum Nachweis der Arbeitszeit verpflichtet sind Betriebe, die Minijobber und kurzfristig Beschäftigte einsetzen oder einer im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannten Branche angehören:

  • Baugewerbe, Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe
  • Personenbeförderungsgewerbe
  • Speditions-, Transport und das verbundene Logistikgewerbe
  • Schaustellergewerbe
  • Unternehmen der Forstwirtschaft
  • Gebäudereinigungsgewerbe
  • Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen
  • Fleischwirtschaft

Die Aufzeichnung muss bis zum Ablauf des siebten auf den Arbeitstag folgenden Kalendertages erfolgen und ist zwei Jahre aufzubewahren. Über mögliche Ausnahmen sowie weitere Verpflichtungen etwa zur pünktlichen Lohnzahlung informiert der Steuerberater. Eine Dokumentation der Vereinbarungen mit dem Beschäftigten sowie eine Aufzeichnung von geleisteter Arbeit und erfolgter Zahlung ist aber immer empfehlenswert. So lassen sich bei einer Betriebsprüfung auch Fragen nach etwaigen Einmal- oder Sonderzahlungen beantworten oder dem Akkord zugrundeliegende Werte erklären. Das vermeidet Ärger und ist den Aufwand wert.

An Schutz vor Auftraggeberhaftung denken

Der Steuerberater kennt Tipps, wie sich Auszeichnungs- und Dokumentationspflichten so erfüllen lassen, dass sie nicht extrem ausufern. Und mit einem Anwalt sollte ein weiterer Aspekt der Dokumentation besprochen werden: Die Auftraggeberhaftung. Wer ein Subunternehmen mit der Erbringung eigentlich von ihm geschuldeter Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet für die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Zahlung des Mindestlohns. Ein Gastronom haftet also für den Caterer, der für ihn ein von ihm akquiriertes Betriebsfest mit Essen beschickt. Aber nicht für den gesetzlichen Mindestlohn eines Sanitärunternehmens, das die WCs seiner Gaststätte erneuert. Geben Unternehmer von ihnen geschuldete Leistungen an Auftragnehmer weiter, gilt: Schriftlich bestätigen lassen, dass der Subunternehmer den gesetzlichen Mindestlohn rechtzeitig bezahlt. Eine Freistellung von Ansprüchen Dritter vereinbaren. Bei Neuaufträgen das Auswahlverfahren dokumentieren, etwa die Hinterfragung detaillierter Kalkulationsunterlagen. Nur so lässt sich verhindern, dass man von Mitarbeitern des Subunternehmers, die keinen Mindestlohn erhalten haben, in die Pflicht genommen wird. Oder von der Sozialversicherung.

So wird der Mindestlohn durchgesetzt

Der Zoll ist über seine Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) dafür zuständig, Verstöße gegen das Mindestlohngesetz aufzudecken. Im Internet informiert er eindringlich über die harten Strafen für Arbeitgeber, Verleiher, Entleiher, Auftraggeber oder Arbeitnehmer, die die Vorschriften verletzen. Es drohen Geldbußen bis 500.000 Euro. Geldbußen nach Verstößen gegen Mindestlohngesetz (MiLoG), Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AentG) und Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) sowie Verstöße gegen das Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch) von mehr als 200 Euro werden ins Gewerbezentralregister eingetragen. Und – für manche Unternehmen besonders schmerzhaft: Wer wegen eines Verstoßes gegen das MiLoG oder das AEntG eine Geldbuße von über 2.500 Euro zahlen muss, kann zeitweise von der Teilnahme am Wettbewerb um öffentliche Liefer-, Bau- oder Dienstleistungsaufträge ausgeschlossen werden.

Verstoß gegen Mindestlohn wird für Unternehmer teuer

Außerdem drohen erhebliche Nachzahlungen. Hat ein Arbeitnehmer nicht den vollen Mindestlohn erhalten, kann er vom Arbeitgeber bis zu drei Jahre nach der fälligen Lohnzahlung das ausstehende Geld einklagen. Dazu kommen entsprechende Nachforderungen der Sozialversicherung, wobei der Unternehmer sowohl Arbeitgeber- wie auch Arbeitnehmeranteil tragen muss. Das gilt sogar für den Fall, dass der benachteiligte Arbeitnehmer selbst gar nicht auf Lohnnachzahlung klagt. Fliegen bei einer FKS-Razzia oder späteren Betriebsprüfung mögliche Verstöße gegen das Mindestlohngesetz auf, wird es für Unternehmer eventuell richtig teuer. Um welche enormen Summen es bundesweit gehen könnte, illustriert eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Durch Verstöße gegen den Mindestlohn wurden Beschäftigten und Sozialversicherung 2016 in Form von Lohnausfällen und Mindereinnahmen der Sozialkassen rund 7,6 Milliarden Euro vorenthalten. Inklusive der Verstöße gegen die Branchenmindestlöhne, die es etwa auf dem Bau oder in der Altenpflege gibt, soll der Fehlbetrag sogar rund 9,9 Milliarden Euro betragen.

Mindestlohn erfordert eine genaue Dokumentation

Wichtig ist, dass Unternehmer mit dem gesetzlichen Mindestlohn verbundene Aufzeichnungspflichten akribisch einhalten. So können sie bei Prüfungen dokumentieren, dass sie entsprechend dem Gesetz gezahlt haben. Die Politik will den Druck auf Unternehmen, die den Mindestlohn nicht zahlen, weiter erhöhen. Derzeit hat die Finanzkontrolle Schwarzarbeit in 41 Hauptzollämtern an 113 Standorten bundesweit 6.800 Mitarbeiter im Einsatz. Bis 2021 sollen 1.400 Stellen dazukommen, zudem ist von 1.500 zusätzlichen Fahndern ab 2022 die Rede. 2017 deckten sie beim gesetzlichen Mindestlohn 2.521 Verstöße auf. Kritiker bemängeln, dass eine Quote von nur 2,4 Prozent durch die FKS kontrollierte Betriebe im Jahr 2017 sehr gering sei. Anderseits sollte jeder Firmenchef überlegen, ob es ihm die Chance von eins zu 40 auf Entdeckung wert ist, unter dem Mindestlohn zu zahlen. Und: Er könnte nicht nur durch FKS-Razzien oder Jahre später durch reguläre Betriebsprüfungen auffliegen. Oft bringen Anzeigen ehemaliger Mitarbeiter oder enttäuschter (Ehe-) Partner entsprechende Verfahren ins Rollen.

 

Quelle

DATEV, Magazin TRIALOG

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