Voraussetzungen für ein Treuhandverhältnis

Sind Aktien Gegenstand eines „Treuhandvertrags“, so sind die auf sie entfallende Dividenden nur dann steuerlich dem „Treugeber“ zuzurechnen, wenn dieser - nach den mit dem „Treuhänder“ getroffenen Absprachen und bei deren tatsächlichem Vollzug - das Treuhandverhältnis in vollem Umfang beherrscht.

Hintergrund

zu § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO
Die Entscheidung betrifft die Frage, wem Aktien an einer Energieversorgungs-AG (E-AG) zuzurechnen waren. Zu beurteilen war die steuerrechtliche Wirkung von Verträgen, die mit der Energieversorgung der Kommunen in den neuen Bundesländern zusammenhängen.
Die Kommunen hatten nach dem Kommunalvermögensgesetz (KVG) einen Anspruch auf Übertragung von Aktien an dem regionalen Energieversorgungsunternehmen (S-AG). Einige Kommunen hatten ihre Rechte „an und aus den Aktien an der S-AG“ auf eine – die Interessen der Kommunen vertretende - GmbH übertragen. Nach den Verträgen sollte die GmbH „als Treuhänder“ alle Gesellschaftsrechte ausüben. Die Kommunen sollten von der Ausübung dieser Rechte ausgeschlossen und nicht berechtigt sein, Weisungen in Bezug auf das Stimmrecht zu erteilen. Die Erträge der Aktien sollten der GmbH zustehen. Die GmbH sollte sich jeder Verfügung über die Aktien enthalten. Sie sollte keinen Anspruch auf eine Vergütung und auf Aufwendungsersatz haben. Die Kommunen sollten als Gegenleistung ein jährliches Entgelt in Höhe einer marktüblichen Darlehensverzinsung erhalten.
Die GmbH aktivierte in ihren Jahresabschlüssen die Aktien der S-AG als Anlagevermögen und passivierte ihre Verpflichtungen gegenüber den Kommunen. Die Dividendeneinnahmen berücksichtigte die GmbH als Betriebseinnahmen; die Entschädigungen zu Gunsten der Kommunen behandelte sie als Betriebsausgaben.
Der Streit ging um die Frage, ob die Aktien in den Streitjahren 2000 und 2001 steuerlich der GmbH zuzurechnen waren.

Entscheidung des BFH

Der BFH geht davon aus, dass Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen sind (§ 39 Abs. 1 AO). „Eigentümer“ i.S. dieser Regelung ist der zivilrechtliche Eigentümer bzw. der Inhaber des Wirtschaftsguts; dies war hinsichtlich der Aktien der E-AG in den Streitjahren die GmbH.
Abweichend hiervon bestimmt § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO zwar, dass bei Treuhandverhältnissen die Wirtschaftsgüter dem Treugeber zuzurechnen sind. Diese Vorschrift greift jedoch nur dann ein, wenn ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis besteht. Daran hat es im Streitfall jedoch gefehlt. Nach der Rechtsprechung des BFH führt nicht jede als „Treuhandvertrag" bezeichnete Vereinbarung zum Vorliegen eines steuerlich anzuerkennenden Treuhandverhältnisses. Ein solches ist vielmehr nur dann gegeben, wenn die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht so zu Gunsten des Treugebers eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft als „leere Hülle“ erscheint. Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis beherrschen. Es muss zweifelsfrei erkennbar sein, dass der Treuhänder ausschließlich für Rechnung des Treugebers handelt. Im Streitfall hat es daran im Verhältnis zwischen den Kommunen und der GmbH gefehlt.

 

Quelle

Funstelle(n):
Dr. Klaus Schwendy in BFH Haufe-Urteilsservive
BFH-Urteil v. 24.11.2009, I R 12/09, veröffentlicht am 31.3.2010

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