Wie wird Zahlungsunfähigkeit einer GmbH ermittelt? (BGH)

Kernaussage

Das GmbH-Gesetz bestimmt, dass eine GmbH im Falle der finanziellen Krise keine Zahlungen an ihre Gesellschafter ausführen darf, wenn dies zur Zahlungsunfähigkeit und damit zur Insolvenzreife der GmbH führt. Hierzu hat der Bundesgerichtshof (BGH) aktuell entschieden, dass eine Zahlungsunfähigkeit der GmbH durch eine Zahlung an einen Gesellschafter dann nicht im Sinne des Gesetzes als verursacht gilt, wenn die GmbH bereits zahlungsunfähig war.

Sachverhalt

Der Kläger und seine mittlerweile von ihm geschiedene Ehefrau, die alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin der beklagten GmbH ist, gewährten dieser 1995 ein Darlehen über rd. 179.000 EUR. Die GmbH verpflichtete sich, das Darlehen bis spätestens Ende 2005 zurückzuzahlen, tat dies aber nicht. Der Kläger verlangt nun Hinterlegung des Darlehensbetrags nebst Zinsen zu seinen Gunsten und zu Gunsten seiner früheren Ehefrau. Die GmbH verweigert die Rückerstattung des Darlehens mit der Begründung, die Rückzahlung führe zu ihrer Zahlungsunfähigkeit, so dass sie diese von Gesetzes wegen verweigern könne. Der Kläger unterlag vor dem Oberlandesgericht (OLG); der BGH hob das Urteil jedoch auf und verwies die Sache zurück. Nach Ansicht der BGH-Richter durfte die GmbH die Rückerstattung nicht zurückhalten.

Entscheidung

Die Zahlungsunfähigkeit einer GmbH wird durch eine Zahlung an den Gesellschafter nicht verursacht, wenn die Gesellschaft bereits zahlungsunfähig ist. Das Gesetz verlangt, dass die konkrete Zahlung zur Zahlungsunfähigkeit führen musste. Bei der Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit ist eine fällige Forderung des Gesellschafters in der Liquiditätsbilanz zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine GmbH zahlungsunfähig, wenn unter Berücksichtigung fälliger, d. h. ernsthaft eingeforderter Gesellschafterforderungen bereits eine Deckungslücke von 10 % oder mehr besteht. In diesem Fall wird die Zahlungsunfähigkeit nicht durch die Zahlung an den Gesellschafter herbeigeführt. Das Gesetz verlangt die Verursachung der Zahlungsunfähigkeit und stellt nicht auch auf die Vertiefung einer bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit ab. Das OLG muss jetzt noch anhand einer aufzustellenden Liquiditätsbilanz feststellen, ob die Darlehensrückzahlung die Zahlungsunfähigkeit tatsächlich erst verursachen würde. Nur dann kann die GmbH die Rückzahlung verweigern.

Konsequenz

Das gesetzliche "(Rück)zahlungsverbot" für die GmbH korrespondiert mit der Haftung des Geschäftsführers. Zahlt er im Namen der GmbH verbotswidrig Beträge an die Gesellschafter aus und führt dies zur Zahlungsunfähigkeit der GmbH, haftet der Geschäftsführer gegenüber der GmbH für die Zahlungen. Er sollte daher Zahlungsflüsse in der Krise immer genau dokumentieren, um sich im Ernstfall entlasten zu können.

 

Quelle

BGH, Urteil vom 9.10.2012, II ZR 298/11. Bezug: § 64 Satz 3 GmbHG.

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