Grunderwerbsteuer: Gleichbehandlung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern (FG)

Das Niedersäsische Finanzgericht sieht in der Besteuerung einer Grundstücksübertragung unter eingetragenen Lebenspartnern aus November 2009 einen Gleichheitsverstoß gegenüber der Steuerbefreiung bei Ehegatten und hat aktuell einem eingetragenen Lebenspartner vorläufigen Rechtsschutz in Form der Aufhebung der Vollziehung eines Grunderwerbsteuerbescheids gewährt.

Hintergrund

Der Gesetzgeber hat im Jahressteuergesetz 2010 zwar eine grunderwerbsteuerliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten geregelt. Die Neufassung des Grunderwerbsteuergesetzes gilt jedoch – anders als die vergleichbare Regelung im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht – nicht rückwirkend für alle noch nicht bestandskräftigen Fälle ab Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes (1.8.2001), sondern erst ab Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes am 14.12.2010.

Entscheidung

In der Sache folgt das Nds. FG den Ausführungen des BVerfG in seinem Beschluss zur Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer und überträgt dies auf die Grunderwerbsteuer (vgl. BVerfG v. 21.07.2010 - 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07). Nach Auffassung des BVerfG ist eine Differenzierung vor allem nicht dadurch gerechtfertigt, dass grundsätzlich nur aus einer Ehe gemeinsame Kinder hervorgehen können, denn die Privilegierung von Ehegatten ist gerade nicht vom Vorhandensein gemeinsamer Kinder abhängig (ähnlich schon zum einkommensteuerlichen Ehegattensplitting für eingetragene Lebenspartner: Beschlüsse des Nds. FG v. 9.11.2010, 10 V 309/10 und v. 1.12.2010, 13 V 239/10).

Das Gericht hat im Übrigen ausführlich zur Frage des vorläufigen Rechtsschutzes im Fall von ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes Stellung bezogen.

In diesen Fällen machen viele Finanzgerichte und viele Senate des BFH den vorläufigen Rechtsschutz regelmäßig von einem „besonderen berechtigten Interesse des Antragstellers" abhängig. Zur Begründung verweist der BFH u.a. darauf, dass jedem verfassungsgemäß zustande gekommenem Gesetz zunächst ein Geltungsanspruch zukomme, der nicht ohne Weiteres durch Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestört werden dürfe. Danach müsse immer eine Interessenabwägung zwischen der einer Aussetzung der Vollziehung entgegenstehenden Gefährdung der öffentlichen Haushaltsführung und den Individualinteressen des Bürgers vorgenommen werden.

Das Finanzgericht ist dieser Rechtsprechung entgegengetreten. Zur Begründung verweist es u.a. auf das Verfahrensgrundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG. Gerade in Verfahren mit Fragen verfassungsrechtlicher Zielsetzung könne effektiver Rechtsschutz nur gewährt werden, wenn den Individualinteressen des Bürgers Vorrang eingeräumt werde. Dies habe auch das BVerfG in seiner Rechtsprechung immer wieder hervorgehoben (z.B. BVerfG v. 19.6.1973, 1 BvL 39/69 und 1 BvL 14/72). Diese Sichtweise könne es - so das Nds. FG - dann möglicherweise auch dem BVerfG erleichtern, von seiner „pro-futuro-Rechtsprechung" (= dem Gesetzgeber wird zur Korrektur einer verfassungswidrigen Norm eine Übergangsfrist eingeräumt) abzurücken; so wie dies schon bei den Entscheidungen des BVerfG zur Pendlerpauschale und zum häuslichen Arbeitszimmer nach Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zum Ausdruck gekommen sei (dazu Beschlüsse des Nds. FG v. 2.3.2007, 7 V 21/07 und v. 2.6.2009, 7 V 76/09).

Das Gericht hat die Beschwerde zum BFH nicht zugelassen. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass mit der Entscheidung den Ausführungen des BVerfG zur Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten gefolgt werde und zudem die Rechtsprechung des BVerfG zum vorläufigen Rechtsschutz bindend sei.

 

Quelle

Niedersächsisches FG, Beschluss des Berichterstatters v. 6.1.2011 (Az. 7 V 66/10)
Haufe Online-Redaktion

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