Bei Großbetrieben ist die Bildung einer Rückstellung für die Kosten einer zukünftigen Betriebsprüfung auch dann schon zulässig, wenn eine Prüfungsanordnung noch nicht erteilt wurde

Hintergrund:

Im Jahresabschluss einer als Großbetrieb eingestuften GmbH wurde für das Wirtschaftsjahr 2005/2006 eine Rückstellung für die Kosten einer zu erwartenden Betriebsprüfung. Im Jahr 2008 führte das Finanzamt aufgrund der Prüfungsanordnung vom 29.5.2008 die erwartete Betriebsprüfung durch. Das Finanzamt erkannte die Rückstellung nicht an, weil es im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung an einer Prüfungsanordnung gefehlt habe. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass eine Rückstellung zulässig sei, da sie regelmäßig geprüft werde und die Kosten, die durch die Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung, die Prüfung zu dulden und an ihr mitzuwirken, in den einzelnen Wirtschaftsjahren des Prüfungszeitraums wirtschaftlich verursacht seien.

Entscheidung:

Bei Großbetrieben ist die Bildung einer Rückstellung für die Kosten einer zukünftigen Betriebsprüfung zulässig. Die Verpflichtung der Klägerin gegenüber dem Finanzamt bei der Außenprüfung nach § 200 AO mitzuwirken, war noch nicht entstanden, da eine Prüfungsanordnung noch nicht vorlag. Allerdings darf eine Rückstellung auch dann gebildet werden, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer auch der Höhe nach noch ungewissen Verbindlichkeit bejaht werden kann.

Das Entstehen einer Verbindlichkeit sowie die Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen sind wahrscheinlich, wenn mehr Gründe für als gegen das Be- oder Entstehen einer Verbindlichkeit und eine künftige Inanspruchnahme sprechen. Dies ist nicht auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender und spätestens bei Aufstellung der Bilanz erkennbarer Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen. Die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme setzt außerdem die Kenntnis oder doch zumindest nachweisbar unmittelbar bevorstehende Kenntnis des Gläubigers von seinem Anspruch voraus. Eine solche Wahrscheinlichkeit ergibt sich jedoch nicht allein aus der Aufnahme eines Vorbehalts der Nachprüfung in die Steuerbescheide.

Jedoch ergibt sich die hinreichende Wahrscheinlichkeit bei der Klägerin aus ihrer Einstufung als Großbetrieb, da nach § 4 Abs. 2 BpO bei diesen eine Anschlussprüfung der Regelfall ist. Zwar ist auch bei Großbetrieben eine Anschlussprüfung keineswegs sicher. Für die Bildung einer Rückstellung bedarf es jedoch keiner absoluten Sicherheit, sondern nur einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit.

 

Quelle

(FG Baden-Württemberg, Urteil v. 14.10.2010, 3 K 2555/09)
Haufe Steuer Newsletter
Revision eingelegt (Az. I R 99/10)

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