Betriebsprüfung bei Gastronomen bzw. Bargeldgeschäften: Zeitreihenvergleich in weiten Zügen als Schätzungsmethode verworfen (BFH)

Das oberste deutsche Finanzgericht (BFH) hat den Zeitreihenvergleich in weiten Zügen als Schätzungsmethode verworfen!

Mit Hilfe eines Zeitreihenvergleichs schätzen Betriebsprüfer gern Umsätze hinzu. Dabei werden der Umsatz und der Wareneinsatz des Unternehmens in verschiedenen Zeitperioden, beispielsweise Kalenderwochen, gegenübergestellt.

Der Zeitreihenvergleich ist nur noch in ganz engen Grenzen zulässig, wie der BFH in seiner Pressemitteilung vom 22.07.2015 mitteilte:

  1. Die Durchführung eines Zeitreihenvergleichs setzt voraus, dass im Betrieb das Verhältnis zwischen dem Wareneinsatz und den Erlösen im betrachteten Zeitraum weitgehend konstant ist. Es darf zudem im maßgebenden Zeitraum nicht zu solchen Änderungen in der Betriebsstruktur gekommen sein, die – nicht anderweitig behebbare – wesentliche Unsicherheiten bei der Aufstellung und Interpretation des Zahlenwerks mit sich bringen.
  2. Bei einer Buchführung, die formell ordnungsgemäß ist oder nur geringfügige formelle Mängel aufweist, kann der Nachweis der materiellen Unrichtigkeit grundsätzlich nicht allein aufgrund der Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs geführt werden.
  3. Ist die Buchführung formell nicht ordnungsgemäß, sind aber materielle Unrichtigkeiten der Einnahmenerfassung nicht konkret nachgewiesen, können die Ergebnisse eines Zeitreihenvergleichs nur dann einen Anhaltspunkt für die Höhe der erforderlichen Hinzuschätzung bilden, wenn andere Schätzungsmethoden, die auf betriebsinternen Daten aufbauen oder in anderer Weise die individuellen Verhältnisse des jeweiligen Steuerpflichtigen berücksichtigen, nicht sinnvoll einsetzbar sind. Bei verbleibenden Zweifeln können Abschläge in einem Umfang geboten sein, der über eine bloße Abrundung hinausgeht.
  4. Steht bereits aus anderen Gründen fest, dass die Buchführung sowohl formell als auch materiell unrichtig ist und übersteigt die nachgewiesene materielle Unrichtigkeit eine von den Umständen des Einzelfalls abhängige Bagatellschwelle, können die Ergebnisse eines – technisch korrekt durchgeführten – Zeitreihenvergleichs auch für die Ermittlung der erforderlichen Hinzuschätzung der Höhe nach herangezogen werden, sofern sich im Einzelfall keine andere Schätzungsmethode aufdrängt, die tendenziell zu genaueren Ergebnissen führt und mit vertretbarem Aufwand einsetzbar ist.
  5. Bei einem programmierbaren Kassensystem stellt das Fehlen der aufbewahrungspflichtigen Betriebsanleitung sowie der Protokolle nachträglicher Programmänderungen einen formellen Mangel dar, dessen Bedeutung dem Fehlen von Tagesendsummenbons bei einer Registrierkasse oder dem Fehlen von Kassenberichten bei einer offenen Ladenkasse gleichsteht und der daher grundsätzlich schon für sich genommen zu einer Hinzuschätzung berechtigt.

Das Urteil des BFH ist sehr detailliert und verständlich und deshalb eine große Hilfe für die Praxis. Bemerkenswert ist auch, dass sich die Richter des X. Senats – trotz Zurückverweisung an das FG – im konkreten Sachverhalt die Mühe gemacht haben, selbst zu errechnen, welche Hinzuschätzung angemessen sein könnte.

 

Quelle

BFH, Urteil vom 25.03.2015, X R 20/13
Pressemitteilung vom 22.07.2015

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