Falsche Kilometer-Angabe für Fahrten zur Arbeitsstätte kann Steuerhinterziehung sein (FG)

Falsche Kilometer-Angaben in der Steuererklärung können als Steuerhinterziehung gewertet werden. Dem Finanzamt kann nicht ohne Weiteres vorgehalten werden, es hätte die Falschangaben bemerken müssen.

Im Streitfall erzielte eine kaufmännische Angestellte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sie wohnte in A und arbeitete 1996 in C. In der Anlage N zu ihrer Einkommensteuererklärung 1996 gab sie bei den Werbungskosten hinsichtlich der Wege zwischen A und C an, sie sei über B gefahren, die einfache Entfernung, die sie mit ihrem eigenen Pkw zurückgelegt habe, sei 28 km gewesen.

In den Anlagen N zu den Einkommensteuererklärungen 1997 bis 2005 gab die Angestellte jeweils als Arbeitsort B und als einfache Entfernung ebenfalls jeweils 28 km an. Diesen Angaben folgte das Finanzamt in allen Einkommensteuerbescheiden 1996 bis 2005. Bei der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung 2006 fiel dem Bearbeiter des Finanzamts auf, dass die Angestellte die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit 28 km zu hoch angegeben hatte – die einfache Entfernung zwischen A und B betrug nur 10 km. Daraufhin erließ das Finanzamt geänderte Einkommensteuerbescheide 1996 bis 2005 auf der Basis von jeweils 10 Entfernungskilometern - mit entsprechenden Steuernachforderungen. Da vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung auszugehen sei, gelte eine 10-jährige Verjährungsfrist, woraus folge, dass die Einkommensteuerbescheide ab 1996 wegen Vorliegens neuer Tatsachen geändert werden dürften.

Entscheidung

Das FG Rheinland-Pfalz führte u.a. aus, für 1996 könnten die subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung nicht angenommen werden. Es sei denkbar, dass die Angestellte die Eintragung der Wegstrecke von A nach C über B und die Angabe der Kilometer mit „28“ in der Annahme, die Entfernungskilometer entsprächen den tatsächlich gefahrenen Kilometern, lediglich versehentlich vorgenommen habe.

Für die anderen Streitjahre (1997 - 2005) ging das FG jedoch vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung aus, weil sich der Arbeitsplatz ab 1997 in dem der Wohnung näher gelegenen B befand, die Angestellte aber gleichwohl – wie 1996 – die weitere Fahrtstrecke von 28 km angegeben hat. Die Steuerpflichtige muss es auch bei laienhafter Bewertung für möglich gehalten haben, dass sie mit falschen Angaben einen höheren als den ihr zustehenden Werbungskostenabzug erreicht.

Dem Finanzamt waren auch neue Tatsachen, nämlich die geringere Entfernung von A nach B, nachträglich bekannt geworden. Im Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen Einkommensteuerbescheide war dem Finanzamt nämlich nicht bekannt, dass die zutreffende Entfernung nur 10 km beträgt. Das wurde erst im Rahmen der Veranlagung für 2006 durch einen ortskundigen Mitarbeiter des Finanzamts bekannt. Die unzutreffenden Angaben der Angestellten waren weder widersprüchlich noch zweifelhaft, sondern eindeutig. Es bestand kein Anlass, den Angaben der Steuerpflichtigen von vorneherein mit Misstrauen zu begegnen.

Hinzu kommt, dass Veranlagungsarbeiten von immer wieder wechselnden Bearbeitern erledigt werden, die nicht in jedem Fall über hinreichende Ortskenntnisse verfügen. Eine Änderung eines Bescheides kann zwar nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein, wenn dem Finanzamt die nachträglich bekannt gewordene Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre. Allerdings muss der Steuerpflichtige seinerseits seine Mitwirkungspflicht erfüllt haben, was hier gerade nicht der Fall war.

Hinweis: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Revision wurde nicht zugelassen.

 

Quelle

FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 29.3.2011, 3 K 2635/08, Pressemitteilung v. 3.5.2011
Haufe Online-Redaktion

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