Gehaltsverzicht eines Gesellschafters (BFH)

Verzichtet ein Gesellschafter-Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft auf bestehende, aber noch nicht ausgezahlte Teile seines Gehalts, so fließen ihm insoweit keine Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit zu.

Hintergrund

Streitig war die Nachversteuerung eines vertraglich zugesagten, aber nicht ausgezahlten Weihnachtsgeldes.

A und seine Ehefrau (B) waren zu je 50 % an einer GmbH beteiligt. A war deren allein alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer. Er hatte nach dem Anstellungsvertrag Anspruch auf ein monatliches Gehalt von 6.000 DM und auf Weihnachtsgeld. Obwohl sich die GmbH nicht in Zahlungsschwierigkeiten befand, wurde ihm das vereinbarte Weihnachtsgeld in den Jahren 1998 bis 2001 in Höhe von insgesamt 46.724 DM (= 23.889,60 EUR) nicht ausgezahlt.

Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung nahm das FA die GmbH mit Haftungsbescheid für Lohn- und Kirchensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag der Jahre 1998 bis 2002 in Anspruch, soweit für das Weihnachtsgeld keine Lohnsteuereinbehalten worden war. Da A auf das vertraglich zugesagte Weihnachtsgeld nicht klar, eindeutig und im Voraus verzichtet habe, gelte der von der GmbH geschuldete Betrag bei ihm - als beherrschenden Gesellschafter - als zugeflossen. – Die gegen den Haftungsbescheid gerichtete Klage hatte Erfolg.

Entscheidung des BFH

Auch der BFH ist der Auffassung, dass die GmbH wegen des Weihnachtsgeldes nicht zum Lohnsteuerabzug verpflichtet war.

Er geht davon aus, dass die Lohnsteuer erst in dem Zeitpunkt entsteht, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt (§ 38 Abs. 2 Satz 2 EStG). Geldbeträge fließen dem Stpfl. in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden; der Empfänger muss die wirtschaftliche Verfügungsmacht über den Geldbetrag erlangt haben. Dies war hier nicht der Fall.

Anders sieht der BFH lediglich die Situation bei beherrschenden Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft. Bei diesen wird angenommen, dass sie über eine von der Gesellschaft geschuldete Vergütung bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit verfügen können und ihnen damit entsprechende Einnahmen zugeflossen sind („Zuflußfiktion“; vgl. Schmidt/Drenseck, EStG, 29. Aufl., § 11 Rz 10). Hierzu stellt der BFH im Streitfall fest, dass dem A – trotz seiner 50 %-igen Beteiligung am Stammkapital der GmbH - die Stellung eines beherrschenden Gesellschafters gefehlt hat. Dazu wäre nach der Rechtsprechung des BFH eine Mehrheit der Stimmrechte oder eine andere vergleichbare Machtposition erforderlich; allein der Umstand, dass die Gesellschafter – hier also A und B - Eheleute sind, reichte dazu nicht aus.

Wie der BFH abschließend ausführt, sind Einnahmen auch dann nicht zugeflossen, wenn der Gesellschafter einer GmbH gegenüber der Gesellschaft auf bestehende oder künftige Ansprüche ohne Ausgleich verzichtet und dadurch eine Vermögenseinbuße erleidet (Großer Senat des BFH, Beschluss v. 9.6.1997 GrS 1/94, BStBl II 1998, 307). Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn der verzichtende Gesellschafter den Erlass gewährt und dadurch eine (verdeckte) Einlage leistet. Denn hierdurch erleide er keine Vermögenseinbuße, sondern bewirke eine Umschichtung seines Vermögens (Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl II 1998, 307).

 

Quelle

BFH, Urteil vom 03.02.2011, veröffentlicht am 30.3.2011
Dr. Klaus Schwendy, Haufe Online-Redaktion

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